Seit Jahrzehnten ist der Name Christof Zimmermann eine feste Größe, wenn es um die Zucht von erfolgreichen Vielseitigkeitspferden geht. Sein Erfolgspferd TSF Solara wurde kürzlich mit dem begehrten Erfolgssignum des Trakehner-Verbandes dekoriert. Die WINDFALL-Tochter ist mit Rebecca J. Gerken international unterwegs. Hier erzählt der Erfolgszüchter seine ganz persönliche Trakehner-Geschichte.

Natascha Fabian: Herr Zimmermann, Sie züchten seit Jahrzehnten erfolgreich Trakehner insbesondere für den Vielseitigkeitssport. Wie ist es dazu gekommen, wie haben Sie zur Trakehner Zucht gefunden?

Christof Zimmermann:

Die Liebe zum Pferd ist ganz früh in meiner Jugend angelegt. Mein Vater hat Württemberger Pferde gezüchtet und war Reitausbilder beim Militär. Als Kind hatte ich auch noch mit unseren Arbeitspferden zu tun bevor es dann in der Landwirtschaft mit der Motorisierung losging. In der Folge wurden die Altwürttemberger-Arbeitspferde abgeschafft und mit Trakehnern zu Sportpferden umgezüchtet.

In Baden-Württemberg gab es den großen Trakehner-Hengst Julmond. Ich kam irgendwann in den Genuss, einen Ikarus-Sohn, also einen Julmond Enkel, als Reitpferd zu haben. Mit ihm bin ich immer ins Nachbardorf geritten, um dort Spring- Stunden zu absolvieren. Seine gute Veranlagung als Sportpferd war für mich beispielhaft. Ich bin dann mit ihm auch Vielseitigkeitsturniere geritten, obwohl mein reiterlicher Schwerpunkt eigentlich in der Dressur lag.  Die klassische Reitkunst, insbesondere wie sie Egon von Neindorff in Karlsruhe verkörperte, war genau mein Ding. Im St. Georg habe ich immer in seiner Rubrik „Aspekte“ gelesen, wie man junge Pferde ausbildet. Ich habe mich dann auf die Pferde meines Vaters gesetzt und oft auch  ohne Sattel einfach ausprobiert was ich da gelesen hatte.

Sie haben sich die Reiterei also teilweise auch als Autodidakt erarbeitet.

Ja schon, dazu hatte ich auch das Glück, dass es in unserem Reitverein einen Reitlehrer gab, der ursprünglich Lehrer war. Er hatte also auch eine sehr gute pädagogische Ausbildung. Bei ihm hatte ich auch theoretischen Reitunterricht. Auf diese Weise bin ich in meiner reiterlichen Ausbildung schon weitergekommen. Man braucht ja in jedem Fall einen Lehrer und Meister.

Im Reitverein gab es einmal ein Mächtigkeitsspringen. Da hat sich dieser Reitlehrer das beste Pferd im Stall ausgesucht und ich ritt meinen Ikarus-Sohn. Ich habe dann tatsächlich gegen ihn über 1,40 m – 1,60 m hohe Oxer und Steilsprünge gewonnen, mein Pferd sprang wie ein Gummiball!

Für das ländliche Niveau war das damals ja schon sehr beachtlich! Wie sind Sie dann über die Reiterei in die Zucht eingestiegen?

Das war eine ganz normale Lebensgeschichte. Bis zum Abitur habe ich sehr viele Pferde geritten und ausgebildet. Dann kamen die Bundeswehr und das Studium. Ich habe dann Pferde aus der Zucht meines Vaters zum Bundeswehrstandort in einen Reitverein im Odenwald mitgenommen. Neben dem Wehrdienst habe ich noch ein paar Turniere geritten. Zu Studienbeginn habe ich noch an Vielseitigkeitsturnieren, sogenannten Studententurnieren, bei denen die Pferde gestellt und zugelost wurden, teilgenommen.

Danach wurde das im Studium ein bisschen weniger, weil ich mich dann mehr auf meine Berufsausbildung konzentriert habe.

Nach Erwerb meines landwirtschaftlichen Betriebs in Niedersachsen fand schließlich eine Hannoveraner Stute aus dem örtlichen Reitverein zur mir, mit der ich dann auch gezüchtet habe.

Im Jahr 1995 bin ich sehr spontan zum Trakehner Hengstmarkt gefahren, um mir den Gala-Abend anzusehen. Dort habe ich dann Lust bekommen, ein Pferd zu ersteigern. Ich hatte aber kein Geld dabei und ging ins Büro, um zu fragen was ich tun müsste.  Man sagte mir, ich bräuchte Bargeld, eine Bankbürgschaft oder jemanden, der für mich bürgen würde. Zufällig lief mir dort der ehemalige Trakehner Zuchtleiter Eberhard Senckenberg über den Weg. Wir hatten uns mal während meines Studiums kennengelernt. Ich sagte ihm, ich wäre auf der Suche nach einem Bürgen, weil ich ein Pferd ersteigern wollte. Er trat zunächst von einem Bein auf das andere und meinte ich sei zwar schon der Fünfzehnte der ihn gefragt hätte, aber er würde auch für mich bürgen. Und so habe ich dann tatsächlich mit SINA von Sixtus meine erste Trakehner Stute ersteigert.

Mit dieser Stute wurde dann der Grundstein Ihrer jetzigen Stutenfamilie gelegt.

Ja, aus SINA habe ich alle meine Pferde gezüchtet. Zu Anfang habe ich SINA immer an der Hand neben meiner Hannoveraner Stute ins Gelände mitgenommen. Sie war zwar longiert, aber noch nicht geritten. Ich habe sofort gemerkt, wie toll sie auch an der Hand an den Hilfen stand. Sie ist nie ein einziges Mal stehen geblieben oder davongestürmt.  Sie war immer ganz ruhig und lief exakt nebenher. Das hat mich sehr beeindruckt und ich hatte mir gewünscht, schon früher so ein Pferd gehabt zu haben. Ich habe die Stute dann selbst angeritten und richtig Lust bekommen, wieder in den Turniersport einzusteigen. Ich hatte noch nie ein Pferd, das so viel Spaß an der Arbeit hatte!

Ich habe sie dann immer weiter ausgebildet. Leider hatte sie ein nicht so stabiles Fundament und sich irgendwann ein Überbein zugezogen, was dazu führte, dass ihr der Linksgalopp zunehmend schwerer fiel. Nach gründlicher Untersuchung habe ich dann entschieden, dass sie nicht mehr im Turniersport sondern in die Zucht gehen sollte.

Wie war dann konkret der Start in die Zucht?

Weil ich schon Mitglied im Hannoveraner Verband war, habe ich SINA zunächst dort eingetragen. Gedeckt wurde sie von Wordly, weil ich Dressur reiten wollte. Von Wordly ist dann 2004 ein Hengstfohlen gefallen. Das habe ich aufgezogen, auf die Hengstweide gebracht und bei der Vorauswahl zur Körung vorgestellt. Dort wurde er abgelehnt. Weil ich aber von dem Hengst überzeugt war, habe ich ihn anschließend in Redefin auf der Körung vorgestellt. Da war er aber leider knapp nicht gekört. Der Hengst hatte gute Grundgangarten, ein tadelloses Interieur und im Freispringen enormes Vermögen.

Dann gibt es ja manchmal Zufälle im Leben. Auf der nächsten Versammlung vom Hannoveraner Zuchtverband Bremervörde hat Andreas „Dibo“ Dibowski einen Vortrag zum Thema „Anforderungen an ein Sportpferd nach den neuen Bedingungen in der Vielseitigkeit“ gehalten. Dieser Vortrag hat mich unheimlich angesprochen. Er sagte dann zum Schluss, wenn jemand meint, er hätte solch ein Pferd, möge er sich doch bei ihm melden.

Als Neuling traute ich mich zunächst nicht einfach so zu ihm zu gehen. Dann habe ich aber meinen Mut zusammengenommen, bin zu ihm hin und habe ein Foto von meinem Hengst vom Freispringen in Redefin gezeigt. Er sagte ich solle im Januar mal mit dem Pferd bei ihm vorbeikommen. Dann hat er sich den angeguckt und auch freispringen lassen. Kurze Zeit später hatte er eine Box frei und der Hengst blieb schließlich bei ihm. „Whizzle“ wurde dann von seiner Frau sehr erfolgreich in Dressur und Springen geritten und Andreas Dibowski hat ihn mit guten Wertnoten in Vielseitigkeitsprüfungen vorgestellt. Das war für mich die Starthilfe als Züchter zur Vielseitigkeit zu kommen.

Warum haben Sie sich später entschieden, tatsächlich Trakehner zu züchten?

Da SINA schon im Trakehner Verband eingetragen war, hatte ich das Ziel mit ihr Reinzucht zu betreiben. Der zunächst als Hengst ausgesuchte ASKAR AA, der aufgrund seiner Erfolge in der Vielseitigkeit in die engere Auswahl kam, war dann leider schon tot. Also habe ich GRAFENSTOLZ gewählt, weil der Hengst eine so phänomenale Leistung hatte und sowohl in Dressur, Springen und Vielseitigkeit ganz vorne war. Aus dieser Anpaarung ist dann SEXTA entstanden.

Die Wahl sporterfolgreicher Hengst setzt sich bei den späteren Anpaarungen mit WINDFALL oder HALIMEY GO fort. Sie favorisieren also sporterfolgreiche, leistungsstarke Hengste.

Auf jeden Fall. Ich hatte ja kaum andere Informationen. Was kann ich dann anderes tun, als auf Sporterfolge zu setzen.

Das tun Sie aber heute auch noch. Das Thema Hengstleistungsprüfung ist ja wieder mal hochaktuell. Insbesondere die Frage, ob die dreijährigen Hengste ungeprüft decken sollen oder nicht. Wie stehen Sie dazu? Ist diese Frage für Sie von Bedeutung? Oder warten Sie tatsächlich einfach ab, bis die Hengste sich später sportlich bewährt haben?

Ich habe eine Zeitlang auf alte bewährte Hengste gesetzt. Bei jungen Hengsten schaue ich natürlich schon auf die Veranlagung. Insbesondere das Freispringen ist für mich ein wichtiges Argument, meine Auswahl zu treffen.

Warum lassen Sie Ihre jungen Stuten immer erst einmal decken, bevor sie in den Sport gehen? Viele Züchter machen es ja genau umgekehrt.

Ich muss jetzt nochmal zurückkommen auf das Problem das ich mit SINA hatte, mit dem mangelnden Fundament. Wenn ich oben viel Masse habe und unten ein nicht so starkes Fundament, darf ich die Pferde sportlich nicht überfordern. Ich habe gemerkt, dass unsere Pferde Spätentwickler sind. Außerdem war das erste Trakehnerfohlen aus SINA gleich ein Stutfohlen. Komischerweise hatte mein Vater immer nur Hengstfohlen und ich habe bei den Hannoveraner auch nur Hengstfohlen bekommen. Diese Stute wollte ich dann unbedingt erstmal eintragen lassen und weiterzüchten. Da ich weiß, dass diese Pferde Zeit brauchen, dachte ich es könnte nicht schaden, dass die Stute erstmal ein Fohlen bekommt und erst dann in den Sport geht.

Aus der nächsten Anpaarung von SINA mit HALIMEY GO kam dann mit SIRENE die nächste Stute. Mit ihr ging ich genauso vor, da sich das bei SEXTA gut bewährt hatte.

Beide Stuten waren danach erfolgreich in Vielseitigkeitsprüfungen unterwegs.

Und auch mit SOLARA von WINDFALL hat dieser Weg ganz hervorragend geklappt. Mit Rebecca J. Gerken arbeiten Sie ja schon sehr lang zusammen. Darf man Sie als Förderer, als Mäzen bezeichnen?

Ja. Mir ist es wichtig, dass den Reitern die Pferde langfristig zur Verfügung stehen. Ein Ausbilder hat mir mal gesagt „Du musst den Pferden Zeit geben, Du musst sie zum Essen einladen“. Irgendwann kam ich auf Rebecca. Wenn man in der Szene unterwegs ist, lernt man die Reiter kennen, sieht sie reiten und dann ergibt sich so etwas.

Aktuell reitet Rebecca neben SOLARA auch ihre Tochter SAMBA von SOLAR.

SIRENE von HALIMEY GO befindet sich im Moment bei Pony-Umsteigern in der Nachwuchsförderung. Es ist interessant zu beobachten, wenn die Stute von noch nicht so erfahrenen Reitern geritten wird. Auch wenn die Hilfengebung nicht korrekt ist, macht die Stute immer super mit. Sie traversiert dann auch schon mal, daran merkt der Anfänger, dass die Schenkelhilfe wohl doch nicht ganz richtig war. SIRENE könnte sicherlich auch in den großen Sport gehen. Aber wenn sie bei den Nachwuchsreitern so eine gute Figur macht, ist mir das mindestens ebenso wertvoll.

Herzlichen Dank Herr Zimmermann für diesen tiefen Einblick in Ihre spannende züchterische Geschichte. Wir wünschen Ihnen weiterhin viel Erfolg, Glück und Gesundheit in Haus und Stall! 

Das Gespräch führte Natascha Fabian.